Freitag, 13. Mai 2022

Artemis - Charlotte Charonne


Artemis
Thriller
edition Krimi
Autorin: Charlotte Charonne
434 Seiten
ISBN 978-3-948972-59-2



Artemis ist der zweite Band aus der Reihe um Rubina Hiller und Simon Peick, kurz Ruby und Spike

Der lockere und zugleich malerische Erzählstil ist das Besondere an der Thriller-Reihe von Charlotte Charonne. Mit ihrer Art die vor allem zwischenmenschlichen Begebenheiten zu schildern, bringt sie mich zum Lachen. Diese kurzen Entspannungsmomente sind für mich - bei all der Spannung in der Geschichte - immens wichtig. Der Spannungsbogen wird in Artemis extrem hoch gehalten.



Die Geschichte schreitet zügig voran und nebenbei lerne ich das Privatleben von Ruby und Spike näher kennen. Bei all der Arbeit, die der neue Fall mit sich bringt, haben die Beiden alle Hände voll zu tun und müssen ihre Gedanken stets auf das aktuelle Geschehen richten. 

Artemis kann man wunderbar auch ohne Kenntnis des Vorgängerbands Asklepios lesen. Dem Verlauf der Privatleben der beiden Ermittler und der Charaktere rundherum folge ich jedoch lieber von Anfang an. 

Charlotte Charonne nimmt sich in diesem Fall der Göttin Artemis an. Artemis ist die Hüterin der Frauen und Kinder, die Göttin der Jagd, des Waldes, der Geburt und des Mondes. Und was Artemis, kurz Emi, wirklich wichtig ist, wird in diesem Buch Wirklichkeit. 


"Die Entscheidung, was mit den Männern geschehen sollte, war ihr leichtgefallen. Es musste verhindert werden, dass sie ihre Tat wiederholten. Sie stellten eine Gefahr dar - nicht nur für die Frauen ihrer Familie, sondern für alle." - Seite 40


Damit meinte sie die Männer, die Frauen gegenüber übergriffig wurden. Ist es Zufall, dass nach und nach die Tatverdächtigen einer brutalen Vergewaltigung an einem Mädchen mit Verstümmelungen ins Krankenhaus kommen? Und was war zuerst bekannt? Die Vermutung der Straftat? Oder die Verstümmelung der vermeintlichen Täter? Ruby und Spike befinden sich auf der Jagd nach nicht nur einem Täter. 

Ich habe jede Zeile dieses Thrillers genossen. Der witzige, charmante Schreibstil gepaart mit der temporeichen Jagd nach den Tätern ließ keine Wünsche offen. - Außer dem Wunsch nach einem dritten Band. 


Fazit

Artemis ist für alle, die temporeiche Thriller mögen und eine anekdotische Schreibweise genießen können.

Samstag, 7. Mai 2022

Die Wut, die bleibt - Mareike Fallwickl


Die Wut, die bleibt
Roman
Argon Hörbuch
Autorin: Mareike Fallwickl
Sprecherinnen: Marie-Isabel Walke, Ulrike Kapfer
Download / Streaming
Laufzeit: 10 Stunden 50 Minuten 
ISBN 978-3-7324-5831-8
erschienen am 22. März 2022





Die Wut, die bleibt erzählt die Geschichte von Helene. Und wie Helene daran zerbricht Mutter zu sein. Nie allein zu sein. Nie sie selbst zu sein. Nie ihre Zuständigkeit und Verantwortung als Hausfrau und Mutter abgeben zu können. Nie Hilfe zu erhalten - sei es geforderte oder stumm erbetene. Und daran, wie unser System, in dem wir aufgewachsen sind, auch keine wirkliche Hilfe bei all den Herausforderungen ist. 





Helene ist eine typische junge Frau mit all ihren Wünschen, Hoffnungen, mit ihrer Lebenslust und dann wird sie Mutter. Sie bleibt alleinerziehend mit ihrer Tochter Lola zurück, während der Vater der Tochter weiterzieht, ins Ausland geht und in seinem Traumjob arbeitet.

Für Helenes Traumjob bleibt kein Platz. Stattdessen lernt sie ihren Mann Johannes kennen, bekommt mit ihm zwei weitere Kinder - und Johannes geht arbeiten. Helene bleibt zurück, kümmert sich um den Haushalt, die Kinder, das Essen, die Kita-Termine, die Schultermine, ihre pubertierende Tochter Lola und wird von ihrer Jugendfreundin Sarah abwechselnd belächelt und beneidet. Sarah lebt allein in einem großen Haus. Kein Partner, keine Erfüllung ihres Kinderwunsches - nur eine Katze und ein Tinderdate, das sich bei ihr eingenistet hat. 

Als Helene eines Abends vom Abendbrottisch aufsteht, auf den Balkon geht und ohne sich noch einmal umzudrehen springt, bleibt ein Teil einer stummen, fassungslosen und unselbstständigen Familie zurück. Nur Lola gibt Laut. Lola teilt ihre feministischen Gedanken mit ihrer Schulfreundin Sunny und teilt auch ordentlich gegen Sarah aus. Sarah, die sich Lolas Meinung nach viel zu viel von den Männern gefallen lässt. Weil es unbequem ist, weil es Arbeit macht, weil sie es ohnehin so gewohnt ist. Doch, wer soll diesen Männern Einhalt gebieten? 

Das Hörbuch ist im Wechsel von Marie-Isabel Walke und Ulrike Kapfer gesprochen, die sehr charakteristisch die Erzählebenen von Sarah und Lola betonen. Lolas Stimme ist laut und kämpferisch. Die Stimme einer jungen Rebellin, die das Leben verändern möchte. Nichts akzeptieren möchte. Die Stimme von Sarah ist sanfter. Die Stimme einer Frau, die schon einiges erlebt hat, die resigniert, die ihren Kampfgeist und ihre Freundin vermisst. Die sich fragt, warum sie nicht gehandelt hat und trotzdem nicht handelt. 

Was von dieser Geschichte bleibt, ist diese unfassbare Wut. Die Wut, die bleibt zeigt ganz klar die Problematik auf, die wir in der Gesellschaft haben. Männer, die sich ihre Rechte nehmen und Frauen, die nicht für ihre Rechte einstehen. Männer, die letztendlich zu Männern halten und Frauen, die nicht zu Frauen stehen. 

Ich finde es krank, dass Frauen beigebracht wird, wie sie sich verteidigen können, statt Männern beizubringen, dass sie sich an Frauen nicht zu vergehen haben - und an Männern auch nicht. 

Die Wut, die bleibt zeigt auf, wie es um die gesellschaftliche Stellung der Frau steht. Die Aufgaben in der Familie, in der Care-Arbeit. Und die mangelnde Wertschätzung und fehlende Unterstützung. 

Die Wut, die bleibt ist auch eine Mahnung, wie das Zusammenleben in eine gewalttätige Schieflage geraten kann. 

Ich habe die Geschichte sehr gern gehört und empfehle sie weiter. 


Fazit

Die Wut, die bleibt ist ein Buch, das das gesellschaftliche Leben verbildlicht zusammenfasst. 

Die Wut, die bleibt ist eine Geschichte, die jeder gelesen haben sollte. Mit wachem Verstand, Mut zur Veränderung und Kraft zur Durchsetzung. Nicht durch Gewalt, sondern durch Regeln und Wertschätzung. 



Sonntag, 1. Mai 2022

Butter - Asako Yuzuki

 

Butter
Roman
aufbau audio
Autorin: Asako Yuzuki
aus dem Japanischen: Ursula Gräfe
Sprecherin: Madiha Kelling Bergner
Hörbuch, ungekürzt
Dauer 13 Stunden 35 Minuten
ISBN 978-3-961056811
erschienen am 29. April 2022





Butter erzählt die Geschichte der Frauen Japans im Einklang mit Genuss und der Notwendigkeit, dem Schönheitsideal zu entsprechen. Dem Schönheitsideal von Frauen und Männern. Denn eine Frau, die über ein paar Gramm zu viel verfügt, gilt in der Gesellschaft sogleich als eine Frau, die "sich gehen lässt" und "nicht auf sich achtet". Doch ist das so? 




Die Autorin Asako Yuzuki greift in Butter auf die Geschichte einer Frau zurück, die vor etwa zehn Jahren inhaftiert wurde. Eine Frau, die übergewichtig ist und als unattraktiv gilt und an dem Tod mehrerer Männer zur Verantwortung gezogen werden soll. - Ein Urteil wurde bislang nicht vollstreckt. 

Asako Yuzuki gibt ihrer Akteurin den Namen Manako Kajii. Manako Kajii ist Foodbloggerin und hat der Anklage zufolge den Tod mehrerer Männer zu verantworten. Sie ist übergewichtig, unattraktiv und kocht für ihr Leben gern. Gutes Essen gehört bei ihr zum Leben dazu. Darauf hat sie ihr Dasein ausgerichtet. Und darauf, älteren Männern ein genussvolles Leben zu bieten. - Doch nur für kurze Zeit. 

Der "Fall" Manako Kajii sorgt in der Bevölkerung und damit auch bei der Presse für große Aufmerksamkeit. Manako Kajii bleibt jedoch hartnäckig und gibt keinerlei Interviews. 

Die Reporterin Rika schafft es jedoch, sich über entsprechend formulierte Briefe Zugang zu Manako Kajii zu verschaffen. Rikas Freundin Reiko hat ihr, getreu dem Motto "mit Speck fängt man Mäusen" geraten, Manako über ihre Leidenschaft - das Essen- zu befragen. 

Und so treffen die spannenden Themen "Mordserie in Tokio", "Gourmet Lifestyle Blog" und "Schönheitsideal japanischer Frauen" aufeinander. Während Manako dick und unattraktiv ist, ist an Rika nicht ein Gramm zu viel. Über die französische Küche und Rezeptideen von Madame Pompadour nähern sich Rika und Manako an. Und so gerät Rika immer mehr in den Strudel von zerlassener Butter und Manakos Einfluss. 

Obwohl ich wohlschmeckenden Speisen nicht abgeneigt bin, so ist mir doch der opulente Schreibstil beim Beschreiben der Kochkünste und köstlichen Zutaten zu viel des Guten. 

Die Geschichte ist so ausladend, wie die Hüften von Manako und so geschmeidig in der Ausdrucksweise wie zerlassene Butter. Die Gerichte und das Schönheitsideal der Frauen werden durchexerziert, so dass auch die voranschreitende Weiterentwicklung der Charaktere keine Spannung mehr erzeugen kann.

Ich hätte mir mehr Spannung aufgrund der Mordserie gewünscht, oder tolle Rezepte. Auch die Freundschaft zwischen Rika und Reiko bringt zwar zunächst etwas Leben in die Geschichte, schwelt dann aber vor sich hin. Irgendwie blieb all das mir in dieser Geschichte Versprochene auf der Strecke. Dabei hatte ich bei Hörbuchbeginn gar keine großen Erwartungen. Diese wurden erst im Laufe der Geschichte geschürt - um dann zu vergehen. Wie sprudelndes Wasser, das am Ende verdampft. 

Ein großes Kompliment an die Hörbuchsprecherin Madhia Kelling Bergner, die mich - trotz der Längen in der Geschichte und des opulenten Schreibstils - bis zum Ende der Geschichte mit ihrer Stimme gut unterhalten hat. 


Fazit

Butter ist für alle, die philosophische Leseerlebnisse mit zuckrig, buttrigen Ergüssen bei Essensbeschreibungen der japanischen Küche genießen können. 


Bonus

In einem Interview mit der Lektorin Friederike Schilbach auf der Seite vom Aufbau Verlag verrät die Übersetzerin Ursula Gräfe, warum sich Butter zu lesen lohnt.