Donnerstag, 25. Oktober 2018

Die Liebesbriefe von Montmartre - Nicolas Barreau

Die Liebesbriefe von Montmartre
Roman
Thiele Verlag
erschienen am 4. September 2018
Autor: Nicolas Barreau
ISBN 978-3-85179-410-6
325 Seiten



Inhalt und Personen

In diesem Buch lernen wir den Schriftsteller Julien kennen. Julien Azoulay ist Autor romantischer Komödien, Vater von dem vierjährigen Arthur und hinterbliebener Ehemann der kürzlich verstorbenen Hélène. Obwohl Julien seine Frau bis zu ihrem Tod begleitet, vermag er nicht, sie auch gehen zu lassen. Die unfreiwillige Trennung von seiner Frau setzt Julien sehr zu. Er funktioniert eigentlich nur noch. Kümmert sich gerade mal um Arthur und geht oft zum Friedhof. Zu dem Friedhof am Montmartre, auf dem seine Hélène nun begraben liegt. Zu dem Friedhof, auf dem er sie seinerzeit kennengelernt hat.
Hélène nimmt Julien vor ihrem Tod jedoch noch ein Versprechen ab: Schreib mir!



"Ich möchte, dass du mir nach meinem Tod dreiunddreißig Briefe schreibst", hatte sie gesagt und mich eindringlich angesehen. "Für jedes Jahr, das ich gelebt habe, einen Brief, versprich mir das, Julien." - Seite 13

Julien gab Héléne das Versprechen, auch wenn er es für unsinnig betrachtete. Es dauerte geraume Zeit, doch schließlich kam der erste Brief zustande und ihm folgten weitere. Briefe, in denen er Hélène erzählte, dass er sie vermisst. Briefe, in denen er über ihren gemeinsamen Sohn Arthur berichtet, der liebevoll an seine Maman denkt und glaubt, dass er sie später einmal wiedersieht. Briefe, in denen er von Freunden und Bekannten erzählt. Von Hélènes Freundin und Nachbarin Cathérine, die sich oft auch um Arthur kümmert. Von Juliens Freund Alexandre, der Julien immer mal wieder mit seiner etwas rauen Art auf den Boden der Tatsachen bringt. Von Favre, Juliens Verleger, der mit seiner aufdringlichen und doch besorgten Art Julien endlich wieder an den Schreibtisch bringt. Und von Sophie, die als Steinbildhauerin auf dem Friedhof von Montmartre Engel repariert.
Julien deponiert die Briefe in einem eigens dafür angefertigten Geheimfach am Sockel der Engelsstatue von Hélènes Grab. Als eines Tages das erste Bündel an Briefen verschwunden und stattdessen ein Herz aus Stein im Fach liegt, kann Julien es zunächst kaum fassen. Er erhält tatsächlich eine Antwort von Hélène. Auf jeden Brief, den Julien nun in das Geheimfach legt, bekommt er eine Reaktion in Form einer Gabe. Alle diese Gaben führen Julien zurück ins Leben.

Meine Meinung


Nicolas Barreau schreibt in einer sehr feinfühligen Art über den Verlust eines geliebten Menschen. Dabei lässt er mich durch die Augen seines Protagonisten Julien in seine Welt und sein Gefühlsleben eintauchen. Erzählt wird der Roman in der Ich-Form der Hauptfigur. Durch die Erzählungen aus dem Alltagstrott und die Briefe an seine verstorbene Frau erfahre ich mehr über das vorherige gemeinsame Leben und das Leben, dass Julien langsam wieder beginnt zu leben. Durch die Erzählungen in den Briefen stellt Julien nach geraumer Zeit fest, dass das Leben auch ohne Hélène weitergeht. Und das hätte er vorher zunächst nicht gedacht.
Die Geschichte um Julien wird so lebendig geschrieben, dass ich ihm selbst auf einem seiner Spaziergänge über den Friedhof am Montmartre hätte begegnen können.
Dadurch, dass ich - genau wie Julien - im Dunkeln tappe, wer die Briefe aus dem Geheimfach gegen eine wunderschöne Aufmerksamkeit eingetauscht haben könnte, ist zudem ein Spannungsbogen in der Geschichte, der erst ganz zum Schluss aufgelöst werden wird.
Auch, wenn ich mir das Ende genauso gewünscht habe, kam es für mich überraschend. Und genau das liebe ich an einem außerordentlich gut geschriebenen Roman.

Die Liebesbriefe von Montmartre ist ein sehr romantisches Buch. Ein Buch, das zum Nachdenken anregt. Ein Buch, das mich Lachen und Weinen lässt.

"Ich bin doch nur vier", schluchzte er und sah mich aus seinen großen Kinderaugen panisch an. "Ich bin doch nur vier!" Unglücklich hielt er seine Hand hoch und zeigte mir vier Finger. "Ich kann doch nicht allein sein." - Seite 63

Ein Buch, in dem die Charaktere so bildhaft beschrieben sind, dass es auch meine bekannten Weggefährten sein könnten. Die Personen handeln stets authentisch und die Handlungen sind allesamt nachvollziehbar und in sich schlüssig.

Doch wie sagt man so schön? Der Mensch plant, und Gott lacht. - Seite 251

Die Briefe an Hélène sind in dem Buch durch Kursivschrift hervorgehoben. Dadurch, dass das Schriftbild angenehm groß ist, lassen sich die Zeilen auch im Kursivdruck bequem lesen. Das handliche Format des Buches lässt es beim Lesen - trotz Hardcover-Ausgabe - ausgesprochen gut in der Hand liegen.

Ein Hingucker ist der liebevoll gestaltete Schutzumschlag. Das Papier ist angenehm weich und rau zugleich. Die Farbgestaltung in sanften Beigetönen wirkt beruhigend. Die Frau, die sich genau in dem Moment der Aufnahme umdreht, ist der Blickfang mit ihrer roten Jacke.
Ein ebenfalls roter Schriftzug verrät mir den Autor des Buches und der Titel ist etwas kleiner darunter in tintenblau gehalten. Eine stimmige Inszenierung.

Das Buch macht mich zugleich neugierig auf andere Werke. Auf Gedichte von Prévert, auf die Geschichte von Orphée und weckt gleichermaßen die Sehnsucht in mir, wieder einmal Paris zu besuchen und die Orte aus der Geschichte für mich zu entdecken.


Fazit


Das Buch ist für Romantiker. Ich fühlte mich ausgesprochen gut unterhalten. Die Geschichte ist lebendig, fröhlich und traurig zugleich. Und doch stiehlt sich ein Lächeln auf mein Gesicht, wenn ich an das Erlebte zwischen den Zeilen zurückdenke, und keine Träne.



Sonntag, 21. Oktober 2018

Charlotte Link - Die Suche

Am Samstag, dem 20. Oktober 2018 fand im C1 Cinema in Braunschweig die Auftaktveranstaltung des 11. Braunschweiger Krimifestivals statt.

Auftaktveranstaltung zum 11. Braunschweiger Krimifestival, C1 Cinema Braunschweig


Zu Gast war Charlotte Link. Diese stellte dort ihren neuen Kriminalroman Die Suche vor. Moderiert wurde die Lesung von Bärbel Schäfer. Bärbel Schäfer führte in ihrer charmanten und humorvollen Art durch den Abend und verband auch die Reaktionen des Publikums während der Lesung mit den Ausführungen von Charlotte Link. Auf diese Weise kam - trotz der Größe der Veranstaltung - eine beinahe familiäre Atmosphäre auf. Vor allem der Satz aus dem Buch: "...dann weckst du sie." sorgte im Publikum für Schmunzler und Gelächter. Wer eine pubertierende Tochter im Hause hat, scheint diese Samstagfrüh-Problematik zu kennen.

Cornelia Fett und Bärbel Schäfer, 11. Braunschweiger Krimifestival, C1 Cinema Braunschweig


Charlotte Link stellt in Die Suche auf eine ureigenste Angst ab: Es ist immer schlimm, sagt sie, wenn dem eigenen Kind etwas zustößt. Doch, lass es lieber ein Unfall sein, als dass dein Kind fort ist und du nicht erfährst, wo dein Kind ist und wie es ihm geht. Oder ob es noch am Leben ist. Diese Ungewissheit, was mit deinem Kind geschieht, wenn es nicht da ist, ist für Charlotte Link die größte Angst. Dabei ist diese Angst nicht ständig präsent. Doch von Zeit zu Zeit, wenn ihre Tochter aus dem Haus ist, kommen eben solche Gedanken.

Charlotte Link wollte nie eine Serie schreiben. Stets entwickelte sie neue Charaktere. Doch der Charakter von Kate Linville lässt sie nicht los. Somit ist Die Suche ein neuer Fall für Kate Linville. Und eines weiß Charlotte Link bereits jetzt: sie ist noch nicht fertig mit ihr. Wir können uns also bereits heute auf einen neuen Fall mit Kate Linville freuen. Wann es allerdings soweit sein wird, ist noch nicht abzusehen. Doch Kate Linville geht nun sozusagen in Serie.

Cornelia Fett und Charlotte Link, 11. Braunschweiger Krimifestival, C1 Cinema Braunschweig


Kate Linville kennen wir bereits aus den Romanen Die Betrogene und Der Beobachter.

Doch, wie ist Charlotte Link eigentlich so berühmt geworden? Wie gelang ihr der Durchbruch? - Bärbel Schäfer rief Frauen namens Doris aus. Eine Doris soll anwesend sein, die seinerzeit dafür gesorgt hatte, dass Charlotte Links erstes Buch herausgegeben werden sollte.
Charlotte Link war damals 19 und hatte ihr 800 Seiten starkes Manuskript einfach an zwei große Verlage geschickt. Bei der Auswahl der Verlage, schaute sie einfach in ihr eigenes Bücherregal und zählte, wie viele Bücher sie von den verschiedenen Verlagen hatte. Dabei lagen der Rowohlt und der Heyne Verlag vorn. Doris Brohn vom Rowohlt-Verlag hatte dieses Manuskript gelesen und zum Verleger gesagt: das machen wir! Und dann - nach gnadenloser Überarbeitung durch Doris Brohn und Charlotte Link - erschien ihr erster Roman.

Es ist schon grandios, wenn dein "Entdecker" Jahre später bei einer deiner Lesungen anwesend ist. Jedenfalls empfinde ich es so. Wer weiß, welchen Weg Charlotte Link sonst gegangen wäre? Vielleicht hätte sie tatsächlich weiter Jura studiert und wäre Anwältin geworden.




Samstag, 6. Oktober 2018

Thalamus - Ursula Poznanski

Thalamus
Ursula Poznanski
Buchvorlage: Loewe Verlag
Produktion: Der Hörverlag
erschienen am 13. August 2018
vollständige Lesung
1 CD im MP3-Format
Laufzeit ca. 11 Stunden 40 Minuten
Sprecher: Jens Wawrczeck
ab 12 Jahren


Thalamus - Ursula Poznanski




Personen und Inhalt


In Thalamus wird die Geschichte um Timo erzählt. Timo ist 17 Jahre alt und nach einem Motorradunfall und anschließender Operation einem schweren Schädel-Hirn Trauma erlegen.


Nach einem Gespräch mit dem operierenden Arzt entschließt sich Timo ins Rehabilitationszentrum Markwaldhof zu gehen. Obwohl der Markwaldhof sehr weit entfernt von zu Hause ist, willigen die Eltern schließlich ein.

Auf dem Markwaldhof angelangt muss Timo feststellen, dass merkwürdige Dinge im Haus geschehen. Viele der Patienten sind operiert und scheinen neue Fähigkeiten zu entwickeln. Zwar ist Timo glücklich, zu entdecken, dass sein Körper mehr und mehr wieder an Beweglichkeit gewinnt. Doch leider hört sein Körper zu diesen Zeiten auf eine andere Stimme. Eine Stimme, die in Timos Kopf seinen Ursprung hat.


Meine Meinung


Ursula Poznanski ist mit Thalamus ein großartiges Werk gelungen. Trotz Fremdwörtern wie z.B. Thalamus wird das Geschehen sehr eingängig und transparent erzählt. Die Erklärungen wirken nicht belehrend, sondern ganz natürlich. So, als wenn ein guter Freund mir etwas erzählt. Ich kann dem Fortgang der Geschichte stets folgen. Auch die - ich würde sagen Andersartigkeit der Patienten bei Veränderungen - bringt mich nicht durcheinander. Die Personen sind lebendig beschrieben und handeln stets authentisch ihrem Charakter entsprechend. Den Spannungsbogen fand ich gelungen gehalten. Gern bin ich mit dem Protagonisten dieser Geschichte, Timo, in den Fluren des Markwaldhofs und dem anliegenden Grundstück unterwegs gewesen. Die Geschichte ist aufgrund des Schreibstils angenehm nachzuvollziehen und auch die Stimme von dem Sprecher Jens Wawrczeck tat ihr übriges, um mich in der Geschichte Bann zu ziehen. Ich bin immer noch total begeistert und kann kaum glauben, dass ein solch schwieriges Thema Stoff für einen Jugendroman hergibt.

Fazit


Dieses Buch ist ab 12 Jahren empfohlen und ich kann dem voll und ganz zustimmen. Die Begriffe sind nachvollziehbar dargestellt und die Handlungen schlüssig. Der Spannungsbogen wird gehalten. Bei den knapp 12 Stunden Laufzeit sollte man sich auch gern mal eine Pause zwischendurch gönnen. - Auch wenn es schwer fällt, weil man unbedingt wissen will, wie es denn nun weitergeht.
Ich bin jedenfalls immer wieder gut in die Geschichte gekommen, wenn ich mal pausieren musste.
Allen, die sich für Thalamus entscheiden: Viel Spaß!